Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen 1)Quellen: EU-Kommission: European Economic Forecast Spring 2020, 06.05.2020. IHS (Institut für Höhere Studien): Pressemitteilung, 26.03.2020. IWF (Internationaler Währungsfonds): World Economic Outlook, 14.04.2020. WIFO (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung): Konjunkturszenario, 26.03.2020. WU Wien (Wirtschaftsuniversität Wien): Presseaussendung Gemeinschaftsprognose IHS/IIASA/WIFO/WU, 20.03.2020.
Die erste Hälfte des Geschäftsjahres 2019/2020 (01.10.2019 bis 31.03.2020) war bis kurz vor dem Abschlussstichtag von einem im Vergleich zum Vorjahr merklich langsameren, jedoch weiterhin moderaten Weltwirtschaftswachstum geprägt. Geopolitische Unsicherheiten wie internationale Handelskonflikte und Krisenherde, der Brexit oder der Klimawandel kennzeichneten auch im Berichtszeitraum das konjunkturelle Umfeld. Aufgrund der weltweiten COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen massiven Einschränkungen in den letzten Wochen des Berichtszeitraums wurde die sich für 2020 andeutende Konjunkturstabilisierung der Weltwirtschaft schlagartig unterbrochen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) korrigierte Mitte April seine Prognosen für 2020 um 6,3 Prozentpunkte auf -3 %, geht also von der schwersten Rezession seit den 1930-er Jahren aus. Für 2021 erwarten die Konjunkturexperten wieder ein weltweites Wachstum von 5,8 %.
Während die österreichische Wirtschaft im Jahr 2019 mit 1,6 % ein moderates Wachstum aufgewiesen hatte, korrigierten die heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen für 2020, welche vor der Pandemie bei einem Plus von 1,2 % bzw. 1,3 % gelegen waren, inzwischen massiv nach unten. Im wahrscheinlichsten Szenario mit einer ab Mitte Mai langsam wieder Fahrt aufnehmenden Wirtschaft kalkulieren die österreichischen Institute für das Kalenderjahr 2020 mit einer rückläufigen Wirtschaftsleistung von -4,1 % bis -5,2 %. Der IWF zeigt sich dabei mit -7,0 % deutlich zurückhaltender. Unter der Prämisse einer raschen Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2020 gehen alle Institute für das Kalenderjahr 2021 von einer positiven Wirtschaftsdynamik in der Bandbreite von 2,7 % bis 5,0 % aus. Die Annahme für die Inflationsrate liegt für 2020 bei durchschnittlich 1,0 % (2019: 1,5 %).
real, in % |
Österreich |
Tschechien |
Eurozone (19) |
|||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2019 |
1,6 |
2,6 |
1,2 |
|||||
2020 e |
Österr. Gemeinschaftsprognose -4,1 |
EU-Kommission -6,2 |
EU-Kommission -7,7 |
|||||
2021 e |
Österr. Gemeinschaftsprognose 2,7 |
EU-Kommission 5,0 |
EU-Kommission 6,3 |
|||||
|
Für den Euroraum spiegeln sich die Prognoseunsicherheiten in Schwankungsbreiten der Experteneinschätzungen wider. Die Europäische Kommission und der IWF erwarten für 2020 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von -7,5 % bzw. -7,7 % für die Eurozone (2019: 1,2 %). Für 2021 rechnet der IWF mit einer Erholung bei einem Wirtschaftswachstum von 4,7 %, die Europäische Kommission zeigt sich mit 6,3 % deutlich optimistischer.
Für den für die Energie AG relevanten Markt Tschechien wird von IWF und Europäischer Kommission für 2020 ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von mehr als -6 % (2019: 2,6 %) prognostiziert, während für 2021 eine deutliche Erholung (5,0 % bis 7,5 %) erwartet wird.
Alle Prognosen sind mit hohen Risiken aufgrund der Unsicherheit über den weiteren Verlauf der gesundheits- und wirtschaftspolitischen Entwicklungen behaftet.
Energiepolitisches Umfeld
Die Europäische Kommission veröffentlichte am 11.12.2019 den „Green Deal“, welcher als zentrales Ziel eine EU-weit verbindliche Klimaneutralität bis 2050 vorsieht. In der Folge wird die Kommission einen Plan zur Erhöhung des derzeitigen Treibhausgas-Reduktionsziels von 40 % bis 2030 auf 50 % bis 55 % vorlegen. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass einige einschlägige EU-Legislativmaßnahmen wie die Emissionshandels-Richtlinie (RL), die Lastenteilungs-Verordnung (VO) oder die Energieeffizienz-RL und die Erneuerbare-Energien-RL deutlich nachgeschärft werden. Für Österreich wird sich dadurch in den nächsten Jahren ein deutlich höheres Ambitionsniveau der Energie- und Klimaziele bis 2030 ergeben.
Spätestens 2038 soll in Deutschland auch das letzte Kohlekraftwerk stillgelegt und damit eine zentrale Säule des Klimaschutzprogramms 2030 verwirklicht werden. Das entsprechende Kohleausstiegsgesetz wurde am 29.01.2020 von der deutschen Bundesregierung beschlossen. In Kombination mit dem Nuklearausstieg bis 2022 gehen bis spätestens 2038 rund 48 GW Kraftwerkskapazitäten vom Netz. Es ist daher zu erwarten, dass sich der Kohleausstieg in Deutschland auch signifikant auf den österreichischen Strommarkt und dessen Preise auswirken wird.
Ab 2021 wird die deutsche Bundesregierung eine nationale CO2-Bepreisung für die Sektoren Wärme und Verkehr einführen. Über einen nationalen CO2-Emissionshandel erhält der Ausstoß von Treibhausgasen beim Heizen und Autofahren einen Preis, wodurch eine Lenkungswirkung für umweltfreundliches Verhalten erreicht werden soll. Bis inklusive 2025 werden die Zertifikate zu einem kontinuierlich steigenden Festpreis bis EUR 55,0/t ausgegeben. Ab 2026 wird eine maximale Emissionsmenge entsprechend der Klimaziele festgelegt, die laufend geringer wird und damit den Zertifikationspreis auf maximal EUR 65,0/t erhöht. Eine Doppelbelastung für Industrieanlagen, die bereits Teil des europäischen Emissionshandels sind, wird ausgeschlossen.
Fristgerecht wurde von der österreichischen Übergangsregierung der EU-Kommission mit Ende 2019 ein überarbeiteter integrierter nationaler Energie- und Klimaplan 2030 übermittelt, welcher die Empfehlungen der Kommission berücksichtigt. Laut der inkludierten Wirkungsfolgenanalyse können die Treibhausgase bis 2030 durch die festgelegten Maßnahmen um 27 % reduziert werden. Um eine Reduktion von 36 % zu erreichen, müssen allerdings bis 2030 noch weitere Optionen umgesetzt werden. Wesentliche weitere Ziele des Plans sind der massive Ausbau der erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und eine Verringerung der Importabhängigkeit von fossiler Energie.
Die erste türkis-grüne Bundesregierung hat am 02.01.2020 ihr Regierungsprogramm 2020 – 2024 für Österreich aufgelegt. Als einer der zentralen Herausforderungen der nächsten Dekade wird dem Klimaschutz im Regierungsprogramm ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt. Ein wesentliches Element stellt daher die Festlegung der Erreichung von Klimaneutralität bereits im Jahr 2040 dar. Sowohl ein verschärfter nationaler Energie- und Klimaplan, als auch ein neues Klimaschutzgesetz mit verpflichtenden CO2-Reduktions- und Sektorzielen bis 2040 und verbindlichen Zwischenzielen für 2030 sollen zur Zielerreichung beitragen. Darüber hinaus soll eine ökosoziale Steuerreform, welche klimaschädliches Verhalten verteuert und Unternehmen und Private sektoral entlastet, das sehr ambitionierte Dekarbonisierungsziel wesentlich unterstützen. Um die Klimaneutralität bis 2040 zu gewährleisten, muss zukünftig auch auf die Verbrennung von Heizöl, Kohle und fossilem Gas für Raumwärme und Warmwasseraufbereitung im Gebäudebereich verzichtet werden. Für Kohle und Öl beginnt das Phase-out im Neubau ab 2020 und soll bis spätestens 2035 für alle Kessel abgeschlossen werden. Beim Ökostromausbau wird das sehr ehrgeizige bilanzielle 100 %-Erneuerbaren-Ausbauziel am österreichischen Stromverbrauch bis 2030 vorgesehen. Das bedeutet, dass in knapp 10 Jahren rund 27 TWh Ökostrom neu zugebaut werden müssen.