Vorstand von links nach rechts: Dr. Andreas Kolar, Mitglied des Vorstands, Generaldirektor DDr. Werner Steinecker MBA, Vorsitzender des Vorstands, Dipl.-Ing. Stefan Stallinger MBA, Mitglied des Vorstands
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Video Statements der Vorstandsmitglieder finden Sie im Online-Bericht: www.energieag.at/geschaeftsbericht
Das abgelaufene Geschäftsjahr war in seiner zweiten Hälfte geprägt von der globalen COVID-19-Krise. Welche Herausforderungen haben sich in diesem Zusammenhang für das Unternehmen gestellt?
Werner Steinecker: Wie der überwiegende Teil der heimischen Betriebe mussten auch wir uns auf das neue Umfeld, allen voran die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, den Absatzmarkt als auch die stark fluktuierenden Rohstoffpreise einstellen. Als Energie AG haben wir die Auswirkungen der Gesundheitskrise sehr früh ernst genommen und strengere Maßnahmen als vorgeschrieben umgesetzt, um unsere Kunden und Mitarbeiter bestmöglich zu schützen. Als Betreiber kritischer Infrastruktur kommt uns hier eine besondere, gesellschaftliche Verantwortung zu.
Stefan Stallinger: Unser Hauptaugenmerk war von Anfang an klar auf die Aufrechterhaltung der Versorgung mit Strom, Gas und Wärme sowie auf eine reibungslose Entsorgung von Abfallstoffen gerichtet. In den Bereichen der Strom- und Wärmeerzeugung, des Netzes sowie der thermischen Entsorgung wurden dafür die Leitwarten und Steuerzentren unter besonderen Schutz gestellt. Es wurden dort alle nur erdenklichen Maßnahmen getroffen, um einen reibungslosen Betrieb zu garantieren, was uns - und hier gilt mein besonderer Dank allen unseren hoch engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - auch in allen Bereichen gelungen ist. Bei den wirtschaftlichen Auswirkungen stellten wir große Unterschiede zwischen Firmen- und Privatkunden fest: Verringerten sich etwa die entsorgten Mengen bei Produktionsbetrieben (durch Stillstände) teilweise drastisch, so stiegen sie im Haushaltskundenbereich teils stark an. Vielfach wurde der erste Lockdown offenbar zum „Entrümpeln“ genutzt.
„Als Energie AG haben wir die Auswirkungen der Gesundheitskrise sehr früh ernst genommen und strengere Maßnahmen als vorgeschrieben umgesetzt, um unsere Kunden und Mitarbeiter bestmöglich zu schützen.““
Werner Steinecker
Das Geschäftsjahr 2019/2020 war für das Unternehmen ein finanziell sehr erfolgreiches. Worauf ist das zurückzuführen?
Andreas Kolar: Bei einem Vergleich mit dem Vorjahr muss angemerkt werden, dass das Geschäftsjahr 2018/2019 wesentlich von einer Wertminderung des Stromnetzes beeinflusst wurde. Dies war durch eine Umstellung der Bewertungsmethode notwendig geworden. Ungeachtet dessen können wir auf ein sehr erfolgreiches Wirtschaftsjahr zurückblicken. Nachhaltige Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche und permanente Optimierungsmaßnahmen waren einmal mehr die Eckpfeiler des abgelaufenen Wirtschaftsjahres. Die Energieversorgungs- und die Entsorgungsbranche haben sich im Vergleich als eher krisenfest erwiesen, wenngleich COVID-19 auch auf uns erhebliche negative Auswirkungen hatte.
„Die Energieversorgungs- und die Entsorgungsbranche haben sich im Vergleich als eher krisenfest erwiesen, wenngleich COVID-19 auch auf uns erhebliche negative Auswirkungen hatte.““
Andreas Kolar
Die Bundesregierung setzt sich durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz zum Ziel, den Stromverbrauch bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien abzudecken. Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Energie AG?
Stefan Stallinger: Wir haben bei der Energieaufbringung bereits sehr früh einen sauberen und ökologischen Weg eingeschlagen und uns die Dekarbonisierung als strategisches Ziel gesetzt. Oberösterreich ist seit jeher das Wasserkraft-Bundesland in Österreich, allerdings sind die noch vorhandenen Ausbaukapazitäten dabei mittlerweile stark begrenzt. Durch unsere Beteiligungen an Windkraftanlagen im Burgenland und Niederösterreich sowie permanente Investitionen in Photovoltaikanlagen haben wir in den letzten Jahren bereits die Weichen für eine nachhaltige Energiewende gestellt. Dieses Engagement planen wir in den nächsten Jahren noch zu forcieren und werden dazu den Fokus bei Investitionen klar auf Photovoltaik und Speichertechnologien legen.
Werner Steinecker: Durch das Ziel, insbesondere den Anteil von Solarenergie und Windenergie deutlich erhöhen zu wollen, wird unser Stromsystem auch volatiler. Es wird geprägt sein von Über- und Unterkapazitäten – je nach Jahreszeit und Tageszeit. Unsere Schätzungen gehen davon aus, dass österreichweit Stromspeicherungskapazitäten von bis zu 10 Terrawattstunden notwendig sind, um den Flexibilitätsbedarf ausgleichen zu können. Unter den Speicherarten sind aktuell Pumpspeicherkraftwerke die rentabelsten. Mittel- und langfristig betrachtet, führt jedoch kein Weg an der Nutzung weiterer Energieträger, wie etwa Wasserstoff oder synthetisches Methan in Gasspeichern vorbei. Das Potential dieser Speicherkapazität ist unter allen Speicherarten das größte.
Diese Zielsetzung der Bundesregierung stellt wohl auch finanzielle Herausforderungen für das Gesamtunternehmen dar?
Andreas Kolar: Natürlich sind für uns damit enorme Investitionsherausforderungen verbunden. Als Aktiengesellschaft mit den unterschiedlichen Zugängen aller Stakeholder gilt es stets genau abzuwägen, welche Investitionen wann getätigt werden können und sollen. Als anlagenintensiver Konzern gilt aber ganz klar, dass Investitionen notwendig sind, um auch in Zukunft die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, der Nachhaltigkeit den entsprechenden Platz einzuräumen und die erforderlichen und gewünschten Renditen erwirtschaften zu können. Mit der neuerlichen Zuerkennung der exzellenten Rating-Einstufung „A mit stabilem Ausblick“ im März 2020 durch Standard & Poor's wurde der bisher diesbezüglich an den Tag gelegte hohe Sorgfaltsmaßstab und die Sinnhaftigkeit der bisherigen und auch geplanten Entscheidungen von externer Seite bestätigt.
„Unser Hauptaugenmerk war von Anfang an klar auf die Aufrechterhaltung der Versorgung mit Strom, Gas und Wärme sowie auf eine reibungslose Entsorgung von Abfallstoffen gerichtet.““
Stefan Stallinger
Kundenorientierung bleibt auch in digitalisierten Zeiten einer der bedeutendsten Erfolgsfaktoren. Welche Maßnahmen setzt die Energie AG, um nahe am Kunden zu sein?
Werner Steinecker: Ein laufender Austausch mit unseren Kunden ist von zentraler Bedeutung, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Durch die Kundenkommunikation sind wir in der Lage, maßgeschneiderte Produkte zu entwickeln, Serviceleistungen zu perfektionieren und somit Kundenwünsche zu erfüllen. Im vergangenen Geschäftsjahr wurden deshalb erstmalig physische als auch virtuelle Kundenforen veranstaltet, bei denen wir gemeinsam mit unseren Kunden Ideen für zukünftige Dienstleistungen und Produkte diskutierten. Diese waren ein voller Erfolg und werden auch zukünftig dafür sorgen, nahe am Kunden und seinen Bedürfnissen zu sein.
Durch die Einführung unserer österreichweiten Online-Marke „sigi“ haben wir zudem eine kundenfreundliche Zweitmarke entwickelt, bei der Strom- und Gaspreis immer unter dem Durchschnitt des Marktpreises liegen. In Verbindung mit diversen Produkten bei den Medien Gas, Strom und Telekommunikation können wir ein umfangreiches Produktportfolio anbieten, bei dem für jeden Kunden das Richtige dabei ist. Ein weiteres Instrument, das einen Mehrwert für unsere Kunden schafft, ist der Energie AG Kundenklub. Dabei genießen unsere Kunden zahlreiche Vorteile und Vergünstigungen bei Kooperationspartnern.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden Umstrukturierungen der Wels Strom GmbH, an der die Energie AG 49 % der Anteile hält, beschlossen. Welchen Nutzen erwarten Sie sich dadurch?
Stefan Stallinger: Vorteile aus der Reorganisation ergeben sich durch die optimierte Kompetenzverteilung, die Nutzung vorhandener Synergien sowie den damit verbundenen positiven EBIT-Effekten. Es entsteht somit eine win-win-win-Situation für die Wels Strom GmbH (WSG), die Elektrizitätswerke Wels AG und auch für uns. Als Energie AG können wir das Know-how unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zukunft für die WSG besser verfügbar machen (Übernahme der Betriebsführung Wasserkraft). Mit dem Ausbau der Fernwärmeauskopplung aus der Welser Abfallverwertung (WAV) kann zukünftig nicht nur die WSG von einer optimierten Wärmeerzeugung profitieren, sondern das gesamte Welser Stadtgebiet kann aus der „Zentralheizung für Wels“ mit nachhaltiger und emissionsneutraler Wärme versorgt werden.
Das konjunkturelle und energiepolitische Umfeld wird auch im Geschäftsjahr 2020/2021 im Zeichen der COVID-19-Pandemie stehen. Welche Herausforderungen ergeben sich für das Geschäftsjahr 2020/2021?
Andreas Kolar: Unsichere Rahmenbedingungen erschweren selbstverständlich die weitere Planung. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum liegt bis zum ersten Geschäftshalbjahr deutlich unter dem des Vorjahres. Somit muss mit weiteren negativen Auswirkungen auf den Absatzmarkt gerechnet werden. Erschwert wird die langfristige Planung auch durch Gesetze, deren Begutachtungsphase beziehungsweise deren Inkrafttreten aufgrund der Pandemie hinausgezögert oder verschoben werden. Ein nicht unbedeutender Unsicherheitsfaktor ist zudem durch die Fluktuationen am Rohstoffmarkt gegeben. Anhand der Finanzkennzahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres ist jedoch ersichtlich, dass sich die Energie AG als äußerst krisenfestes Unternehmen in einer stabilen Branche bewiesen hat. Wir sind voller Zuversicht, dass wir die Herausforderungen der kommenden Monate erneut ausgezeichnet meistern können.