Forschung, Entwicklung und Innovation
Die Energie AG verfolgt eine klare strategische Ausrichtung auf Forschung, Entwicklung und Innovation, um sich bestmöglich auf künftige Herausforderungen vorzubereiten. Dabei engagiert sich die Energie AG aktiv in der Entwicklung zukunftsorientierter Lösungen, um sowohl der gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber kommenden Generationen gerecht zu werden als auch eine sichere und von fossilen Rohstoffen möglichst unabhängige Energieversorgung für ihre Kund:innen zu gewährleisten. Die Tätigkeitsfelder stehen im Einklang mit der übergeordneten „LOOP“-Strategie, die einen klaren Ausbaupfad im Bereich der erneuerbaren Energien sowie die Reduktion von Treibhausgasemissionen entlang des gesamten Kreislaufs von der Erzeugung über die Verteilung bis hin zur Entsorgung vorsieht. Im Geschäftsjahr 2023/2024 lag ein besonderer Schwerpunkt auf der Weiterentwicklung der Wasserstoffinfrastruktur und der Dekarbonisierung in der Abfallverwertung. Zudem wurden innovative Projekte in den Bereichen nachhaltige Wärmesysteme und Geothermie sowie zur Flexibilisierung und Regelung der Stromnetze vorangetrieben.
Die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung, insbesondere im Hinblick auf die Betriebsführung und Netzanschlussansuchen für PV-Anlagen, bleiben zentrale Treiber für den raschen Ausbau der Netzinfrastruktur und die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Die enge Zusammenarbeit und der kontinuierliche Austausch mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft sind nach wie vor entscheidend für den Erfolg von Forschungsprojekten und technologischen Entwicklungen. Diese Kooperationen schaffen gegenseitigen Nutzen und stärken die Innovationskraft, die für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Energieversorgung von essenzieller Bedeutung ist.
Innovative Geschäftsmodelle und neue Lösungen werden seit 01.10.2019 in der Wertstatt 8 GmbH aktiv vorangetrieben. Das 100-%-Tochterunternehmen fokussiert seine Aktivitäten auf die Entwicklung digitaler Lösungen und innovativer Geschäftsmodelle rund um die Themen Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit. Im Geschäftsjahr 2023/2024 lag der Schwerpunkt auf der Validierung von Geschäftsideen, der Ausarbeitung neuer Ideen im aus dem konzernweiten Strategieprojekt „LOOP“ entstandenen Innovationsfeld „Energieeffizienz und minimaler Ressourceneinsatz“ sowie der Erstellung eines Konzepts zur Überprüfung der Umsetzbarkeit eines KI-basierten Beraters für ein nachhaltigeres Leben. Daneben wurde die Ausgründung einer Geschäftsidee in ein eigenes Unternehmen (LINO Solutions GmbH) vorbereitet und durchgeführt, welches sich mit der Analyse von Smart-Meter-Daten mittels Machine Learning und darauf aufbauend mit der Entwicklung eines digitalen Sicherheitsnetzes für pflegebedürftige Personen beschäftigt.
Das Themenfeld „Innovation“ wurde im Zuge des konzernweiten Strategieprojekts „LOOP“ in der neuen Holdingeinheit „Konzern-Innovation“ verankert, mit dem Ziel einer Steuerung und Weiterentwicklung des Innovationsmanagements im Konzern. Im Geschäftsjahr 2023/2024 fand die erste internationale Startup-Challenge statt, bei der innovative Technologien für die Wertschöpfungskette der Energie AG aufgezeigt und kosteneffiziente Lösungen für konzerninterne Herausforderungen erschlossen wurden. Über 130 Start-up-Unternehmen aus 40 Ländern bewarben sich auf drei ausgeschriebene Challenges. In Zusammenarbeit mit den konzerninternen Fachbereichen wurde jeweils ein Konzept zur Überprüfung der Umsetzbarkeit entwickelt. Zudem wurde in zwei Startup-Fonds investiert, um Start-up-Unternehmen für Innovationspartnerschaften und Kooperationen zu identifizieren sowie einen umfassenderen Blick auf internationale Marktentwicklungen zu erhalten. Zur Förderung von innovativen Projekten in der Energie AG wurde ein interdisziplinärer Innovationsausschuss aufgesetzt. Dieser schafft Transparenz hinsichtlich aller Innovationsaktivitäten innerhalb der Energie AG und entscheidet über Mittelallokation bzw. Fortschritt von Innovationsprojekten entlang des Innovationsprozesses.
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Einheit |
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2023/2024 |
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2022/2023 |
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Veränderung |
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Anzahl der F&E&I-Projekte im Konzern |
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Anzahl |
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57 |
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54 |
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5,6 % |
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Mitarbeiter:innen in F&E&I-Projekten |
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FTE |
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25,3 |
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36,3 |
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-30,3 % |
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F&E&I-Aufwendungen im Konzern |
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Mio. EUR |
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4,1 |
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3,4 |
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20,6 % |
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Im Geschäftsjahr 2023/2024 fand Forschung, Entwicklung und Innovation unter anderem in folgenden Projekten statt (Auszug):
Großflächige Implementierung Kompoundierung
Im Rahmen des Projekts wurde eine Lösung für die lastabhängige Spannungsregelung (sogenannte Kompoundierung) im Mittelspannungsnetz entwickelt. Aufgrund des rasanten Ausbaus dezentraler Erzeugungsanlagen, allen voran Photovoltaikanlagen, wirken sich große Spannungsanhebungen in der Niederspannungsebene verstärkt auch auf die Mittelspannungsebene aus. Neben dem Ausbau des Mittelspannungsnetzes soll durch die Kompoundierung die Spannungsanhebung durch gezielte lastabhängige Spannungsregelung reduziert werden und so die Netzstabilität gewährleistet bleiben. Das Ziel dieser Arbeit besteht daher aus der Entwicklung von lastabhängigen Spannungsregelungskennlinien für jedes 110/30-kV-Umspannwerk der Netz Oberösterreich GmbH (Netz OÖ). Die Erstellung der Spannungsregelungskennlinien erfolgte anhand der Spannungsspreizung zwischen der Sammelschiene im Umspannwerk und den Abzweigsenden. Um die Spannung an den Abzweigsenden zu erhalten, wurden verschiedene Methoden überprüft. Die Hochrechnung niederspannungsseitiger Messdaten über die Trafoimpedanz auf die Mittelspannungsebene stellte sich als die beste Methode heraus. Anhand dieser Daten wurde für 53 Umspanner aus 47 Umspannwerken eine Regelungskennlinie erstellt. Beim Großteil der Umspanner ist eine Absenkung von bis zu 4,0 % möglich, wodurch Spannungsprobleme bedingt durch volatil produzierenden Erzeugungsanlagen ausgeglichen werden können. Bis Oktober 2024 konnte mittlerweile bei 35 Umspannwerken der Netz OÖ die Kompoundierung realisiert werden.
Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserkrafterzeugung der Energie AG
Die Studie befasst sich mit den möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserkraftwerke der Energie AG bis 2050. Das Projekt hat als Ziel festzustellen, ob und wie sich die Abflussmengen, die entscheidend für die Energieerzeugung aus Wasserkraft sind, bereits verändert haben und wie sich diese in Zukunft entwickeln könnten. Dafür wurden historische Abflussdaten analysiert, um bestehende Veränderungen zu erkennen, und zukünftige Szenarien mit Hilfe von Klimamodellen und hydrologischen Simulationen erstellt. Zu der wichtigsten Erkenntnis zählt die Zunahme der Niederschlagsmengen, die auf die höhere Verdunstung von Wasserflächen und den geringeren Schneefall aufgrund der steigenden Temperaturen zurückzuführen ist. Ein klarer Trend im mittleren Abfluss konnte nicht identifiziert werden, doch zeigt sich eine Veränderung der saisonalen Abflussverteilung: höhere Winterabflüsse und geringere Sommerabflüsse. Diese saisonale Verschiebung zeigt sich sowohl in den historischen Daten als auch in den zukünftigen Projektionen deutlich. Die Erkenntnisse aus der Studie fließen in den Planungsprozess der Energie AG ein. Basierend auf der Studie und den Klimaprojektionen ist nicht davon auszugehen, dass klimatische Effekte zu einer Abnahme der Stromerzeugung durch Wasserkraft führen werden.
INNOnet
Durch den Ausbau von dezentralen Erzeugungsanlagen sowie die stetig wachsende Anzahl an Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen kommt es häufiger zu einer höheren und lokalen Belastung des Niederspannungsnetzes. Die derzeitige Ausgestaltung der Netzentgelte ist statisch und berücksichtigt diese Belastung nicht. Im Projekt INNOnet wird das Potenzial lastabhängiger Netztarife zur Änderung des Verbrauchsverhaltens getestet. Im Rahmen einer „Regulatory Sandbox“ wird bei 500 ausgewählten Haushalte eine im Projekt entwickelte dynamische Tarifstruktur getestet. Im Netzgebiet der Netz OÖ werden die Tarife für den Folgetag abhängig von der simulierten Netzlast ermittelt und an die Kund:innen übermittelt. Ziel dieses Projektes ist es, das Potenzial von aktivierbaren Flexibilitäten im Realbetrieb zu ermitteln und deren Auswirkung auf die Belastung der Netze zu untersuchen. Mit diesem Forschungsprojekt soll die Wirkung und die Praktikabilität dynamischer Netzentgelte untersucht werden und in zukünftige Diskussionen über die Ausgestaltung von Netzentgelten eingebracht werden.
„Carbon Capture, Utilization and Storage“ (CCUS) – Untersuchung von Potenzialen der Müllverbrennungsanlage (MVA) Wels und Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten
Der Sektor der thermischen Abfallverwertung befindet sich aktuell in einer Monitoring-Phase hinsichtlich einer möglichen Einbindung in das EU-Emissionshandelssystem. Um die Dekarbonisierung des Sektors voranzutreiben und auf mögliche gesetzliche Entwicklungen in diesem Bereich vorbereitet zu sein, wurde ein Projekt gestartet, welches die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von Kohlenstoff (CCUS-Kette) grundlegend beleuchtet. Aktuelle Entwicklungen im europäischen Raum stehen dabei besonders im Fokus. Weiteres Kernelement ist die Begutachtung der Technologie der Aminwäsche auf ihre Eignung als CO2-Abscheideverfahren in der thermischen Abfallbehandlung sowie die Identifikation möglicher technischer Problemfelder und Alternativprozesse. Darauf aufbauend erfolgt die Erstellung eines Grobkonzepts sowie die Entwicklung eines Bilanzmodells, welches die relevanten Energie- und Stoffströme abbildet. Anschließend wird der Gesamtprozess auch aus ökonomischer Sicht umfassend bewertet.