Hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung im Geschäftsjahr 2022/2023 sind die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute aufgrund der sprunghaft gestiegenen Preise und der eingeschränkten Kaufkraft der Verbraucher:innen durchwegs pessimistisch. Für das Jahr 2023 rechnen IHS, WIFO und IWF jedenfalls mit sehr starken Wirtschaftseinbrüchen, wobei sie für Österreich ein BIP-Wachstum in der Bandbreite von +0,2 % bis +1,0 % bei einer Inflation zwischen +5,1 % und +6,8 % prognostizieren. Im Euroraum wird ein Wirtschaftswachstum in Höhe von +0,3 % bis +2,3 % für das Jahr 2023 erwartet.
Kurz nach Ende des Berichtszeitraums sind am 01.10.2022 das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG) 2022 zur Umsetzung der ökosozialen Steuerreform und am 04.10.2022 die sogenannte Marktprämienverordnung in Kraft getreten. Die Änderungen im Steuersystem durch die CO2-Bepreisung sowie die angekündigten neuen gesetzlichen Regelungen für Energieeffizienz, Wärme und Klimaschutz werden neue Rahmenbedingungen für alle Bereiche der Energiewirtschaft definieren, die sich naturgemäß über sämtliche Verbrauchssegmente – vom Haushalt bis zur Industrie – auswirken und die Gestaltung der weiteren Vertriebsarbeit beeinflussen werden.
Darüber hinaus wurden seitens der österreichischen Bundesregierung am 18.11.2022 die Eckpunkte der geplanten nationalen Umsetzung der von der EU-Kommission vorgegebenen EU-Notfallmaßnahmenverordnung zur Abschöpfung und Umverteilung von Überschusserlösen bekanntgegeben. Konkret ist für Stromerzeuger künftig eine Erlösobergrenze von EUR 140,0/MWh vorgesehen, die bei nachgewiesenen direkten Mehrkosten darüber liegt. Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz können durch einen Absetzbetrag berücksichtigt werden. Die Vorgaben treten in Österreich mit 01.12.2022 in Kraft und gelten bis zum 31.12.2023. Ein Initiativantrag für das neue Energiekrisenbeitragsgesetz wurde im Nationalrat bereits eingebracht und es ist mit einer Beschlussfassung im Dezember zu rechnen.
Die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben für die Energie AG sowie die gesamte Branche weiterhin herausfordernd. Die zukünftige Entwicklung der Preise an den internationalen Energiemärkten ist für das Geschäftsjahr 2022/2023 aufgrund der vielen unberechenbaren Einflussfaktoren schwer einschätzbar. Maßgeblich werden unter anderem der Fortgang des russisch-ukrainischen Krieges, politische oder regulative Markteingriffe einschließlich eventueller Energielenkungsmaßnahmen seitens der Bundesregierung, die Wirtschaftsentwicklung sowie die Witterung, insbesondere im kommenden Winter, sein.
Vor dem Hintergrund der steigenden bzw. volatilen Energiepreise und dem damit einhergehenden Beschaffungsrisiko wird die enge Verzahnung von Beschaffungs- und Vertriebsprozessen in den nächsten Monaten weiterhin eine zentrale Rolle einnehmen. Mit Beginn des Kalenderjahres 2023 endet die ausgesprochene Preisgarantie im Haushalts- und Gewerbekundensegment und es wird aufgrund der gestiegenen Beschaffungskosten eine Preiserhöhung im Bestandskund:innenbereich für Strom und Gas erforderlich sein. Die seitens der Politik geplanten bzw. beschlossenen Unterstützungen – wie beispielsweise die Strompreisbremse – sollen Entlastungen für die Kund:innen bringen.
Im Erzeugungsbereich wird das Projekt Pumpspeicherkraftwerk Ebensee intensiv vorangetrieben, um einen Baubeschluss im Geschäftsjahr 2022/2023 zu erwirken. Die Errichtung von zusätzlichen flexiblen Speicherkapazitäten ist eine Grundvoraussetzung für die Erreichung der ambitionierten nationalen Ausbauziele für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Sicherstellung der Versorgungssicherheit.
Für das Segment Netz wird im Geschäftsjahr 2022/2023 die vertiefte regulatorische Prüfung der Kosten und Strukturen im Stromnetz und die darauf aufbauende Festlegung der Stromverteilernetzbetreiber-Benchmark im Fokus stehen. Tariflich ist aufgrund der angespannten Situation auf dem Energiemarkt mit höheren Strom-Netzentgelten zu rechnen, da sich die hohen Energiepreise auch auf die Beschaffungspreise der Netzverluste auswirken werden. Daneben wird die Umsetzung des EAG-Pakets eine zentrale Rolle einnehmen. Für die kommenden Jahre ist ein Photovoltaik-Ausbau auf ähnlich hohem Niveau zu erwarten, die Herausforderungen werden sich dann auf den Ausbau bestehender Netz-Infrastrukturen verlagern. Zudem sind im Laufe des Geschäftsjahres 2022/2023 für das Segment Netz weitere relevante Neuerungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen zu erwarten, beispielsweise für die Sparte Strom durch das Strommarktgesetz und für die Sparte Gas aufgrund des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes.
Im Segment Entsorgung werden sich die sehr guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die im Geschäftsjahr 2021/2022 herrschten, voraussichtlich nicht auf gleichem Niveau fortsetzen. Eine spürbare Trendwende hat bereits eingesetzt und für das Geschäftsjahr 2022/2023 wird eine herausfordernde Marktlage erwartet. Insbesondere im Bereich Papier/Karton wird die Papierindustrie aufgrund von Produktionseinschränkungen voraussichtlich deutlich weniger Mengen abnehmen. Im Bereich Altholz ist der Markt aufgrund der hohen Nachfrage sowie einer eingeschränkten Verfügbarkeit derzeit angespannt. Zudem ist wegen der hohen Inflation mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen.
Insbesondere im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres 2022/2023 werden im Segment Tschechien die hohen Energiekosten weiterhin eine zentrale Herausforderung darstellen. Per 01.01.2023 wurde seitens der tschechischen Regierung eine Preisdeckelung für Strom und Gas beschlossen, was eine positive Ergebnisentwicklung im Wärme- und Wasserbereich erwarten lässt. Die kostenseitig sehr einschneidenden aktuellen Entwicklungen auf dem Strom- und Gasmarkt werden weiterhin genauestens beobachtet, zumal die drastischen Preissteigerungen Lieferanten, Betreiber und Kund:innen stark unter Druck bringen. Ein Schwerpunkt des kommenden Geschäftsjahres wird auf der Weiterentwicklung von Energieeffizienzprojekten für die Wärme- und Wasserversorgung sowie die Abwasserentsorgung liegen. Mit Beginn des Geschäftsjahres 2022/2023 wurde die VAK Zápy s.r.o. mit der Eigentümergesellschaft VAK Beroun a.s. verschmolzen, welche zukünftig die Wasser- und Abwasseraktivitäten im Zentralraum rund um Prag steuern wird. Die für Gemeinden und Städte erbrachten Dienstleistungen werden für das Geschäftsjahr 2022/2023 als unverändert stabil eingeschätzt, wenngleich sich auch hier mehr Zurückhaltung bei Investitionen durch Kommunen abzeichnet.
Im Geschäftsfeld Telekom liegt der Fokus im nächsten Geschäftsjahr auf dem Bereich „Wholesale“, somit der Vermarktung von Bandbreiten an Internet-Service-Provider. In diesem Bereich wird daran gearbeitet, die Produktpalette zu optimieren und die Kundenbetreuung und -gewinnung noch aktiver zu gestalten. Zudem werden die Schnittstellen und Abläufe zur jüngst geschaffenen BBOÖ GmbH laufend verbessert, um den Glasfaserausbau für Oberösterreich bestmöglich voranzutreiben. Im Bereich der konzerninternen Dienstleistungen – insbesondere der Operational Technology – gilt es, die bestehenden Leistungen mit Blick auf den Bedarf der Nutzer:innen weiterzuentwickeln und so attraktive Angebote für die Partner im Konzern zu schaffen.
In ihrer Funktion als Energieversorger im Mehrheitseigentum des Landes Oberösterreich wird die Energie AG auch im Geschäftsjahr 2022/2023 alle Anstrengungen unternehmen, um in einer fragilen wirtschaftlichen und geopolitischen Situation die systemrelevanten Aufgaben, insbesondere die Versorgung ihrer Kund:innen, zuverlässig zu gewährleisten. Die permanente Ausrichtung aller Leistungen an den Bedürfnissen der Kund:innen, die Themen Digitalisierung und Innovation sowie die finanzielle Stabilität des Konzerns sind auch zukünftig wichtige strategische Ziele.
Gleichzeitig liegt der Fokus mehr denn je darauf, durch den Ausbau erneuerbarer Energien und die Etablierung eines umfassenden Kreislaufwirtschaftssystems ebenso wie durch das Vorantreiben des Mobilitätswandels einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende zu schaffen. Die in den letzten Jahren durch vorausschauende Maßnahmen geschaffene, stabile finanzielle Situation und das diversifizierte Geschäftsportfolio des Konzerns bieten die Basis zur Bewältigung dieser herausfordernden Entwicklungen.
Vor dem Hintergrund der derzeit hohen Unsicherheiten und sehr volatilen Preisentwicklungen wird für das Geschäftsjahr 2022/2023 – vorbehaltlich eventueller weiterer politischer oder regulativer Markteingriffe – ein EBIT mindestens auf dem Niveau des Geschäftsjahres 2021/2022 erwartet.
Linz, am 05. Dezember 2022
Der Vorstand der Energie AG Oberösterreich
Generaldirektor
DDr. Werner Steinecker MBA
Vorsitzender des Vorstands
CEO
Dr. Andreas Kolar
Mitglied des Vorstands
CFO
Dipl.-Ing. Stefan Stallinger MBA
Mitglied des Vorstands
COO