Rahmen­bedingungen

Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen 1)

Das Geschäftsjahr 2021/2022 (01.10.2021 bis 30.09.2022) der Energie AG Oberösterreich (Energie AG) war nach einer dynamischen konjunkturellen Erholung in den ersten Monaten des Berichtszeitraums durch eine Reihe von Krisen auf politischer und wirtschaftlicher Ebene geprägt: Der Ausbruch des russisch-ukrainischen Krieges am 24.02.2022 verstärkte die bereits zuvor sichtbaren Lieferkettenprobleme und Preissteigerungen und führte zu einer Energie- und Rohstoffkrise sowie einer markanten Beschleunigung der bereits zuvor im Wachsen begriffenen Inflation.

Es folgten erste Zinserhöhungsschritte der Europäischen Zentralbank zur Eindämmung der historisch hohen Inflation. Weitere Erhöhungen der Leitzinsen werden von den Finanzmärkten erwartet. Aufgrund der aufkeimenden Stagflations- bzw. Rezessionsgefahr in den großen Volkswirtschaften bleibt das Spannungsfeld zwischen Inflationsbekämpfung und Konjunkturunterstützung auch weiterhin hoch.

Für den Euroraum erwarten das Institut für Höhere Studien (IHS), das Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und der Internationale Währungsfonds (IWF) im Jahr 2022 ein Wirtschaftswachstum in der Bandbreite zwischen +2,7 % und +3,1 % (Vorjahr: +5,3 %).

Die österreichische Wirtschaft wird laut aktuellen Prognosen im Jahr 2022 zwischen +4,7 % und +4,8 % wachsen. Im Vorjahr betrug das Bruttoinlandsprodukt-(BIP)-Wachstum in Österreich +4,6 %. Sorgen bereitet die vor allem von den Energie- und Rohstoffpreisen getriebene hohe Inflationsrate, die sich nach +2,8 % im Jahr 2021 für das Jahr 2022 voraussichtlich zwischen +7,7 % und +8,5 % einpendeln wird. Nach Aussage des IWF dürften die Inflationsraten in den meisten Ländern jedoch Ende 2022 ihren Höhepunkt erreicht haben, wobei sie danach noch längere Zeit auf einem deutlich erhöhten Niveau erwartet werden.

Für den für die Energie AG relevanten Markt Tschechien wird für das Kalenderjahr 2022 ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in der Größenordnung von +1,9 % bis +2,5 % erwartet (Vorjahr: +3,4 %).

Wirtschaftswachstum und Inflation

Veränderung zum Vorjahr; real in %
Quellen: IHS, WIFO, IWF

Wirtschaftswachstum und Inflation (Liniendiagramm)

Energie- und klimapolitisches Umfeld

Der Berichtszeitraum war neben vielfältigen Weichenstellungen im Bereich Energie- und Klimapolitik vor allem von Maßnahmen zur Abfederung des Energiepreisschocks sowie zur Reduzierung der Energieabhängigkeit von Russland und zur Erhöhung der Versorgungssicherheit geprägt.

Ziel des am 15.12.2021 vorgelegten „Wasserstoff- und Gasmarktpakets“ der EU-Kommission ist, erneuerbare und dekarbonisierte Gase und Wasserstoff in den europäischen Rechtsrahmen zu integrieren. Das Paket enthält darüber hinaus Vorgaben für die Regulierung und Entflechtung von Wasserstoffnetzen und eine Stärkung der Verbraucherrechte.

Die EU-Kommission präsentierte am 02.02.2022 den finalen Text des komplementären delegierten Rechtsaktes der EU-Taxonomie-Verordnung (Taxonomie-VO) über technische Bewertungskriterien für die Strom- und/oder Wärmeerzeugung mit Gaskraftwerken und aus Kernenergie. Darin werden beispielsweise Investitionen in wasserstofffähige Gaskraftwerke, die übergangsweise noch mit Erdgas betrieben und für die sehr strenge Emissionsgrenzwerte festgelegt werden, als nachhaltige Übergangsaktivität eingestuft. Das übergeordnete Ziel der Taxonomie-VO ist die Umlenkung von Kapitalströmen in nachhaltige Investitionen durch die Klassifizierung von Wirtschaftstätigkeiten nach Nachhaltigkeitskriterien.

Im Mai 2022 legte die Kommission ihr angekündigtes „REPowerEU-Paket“ zur schnellen Verringerung der Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger aus Russland und zur Beschleunigung der Energiewende vor. Das Paket beinhaltet außerdem Überlegungen zu kurzfristigen Markteingriffen und langfristigen Marktdesign-Reformen sowie Empfehlungen zur Vorbereitung auf eine essenzielle Gaslieferunterbrechung.

Im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets verfasste das Europäische Parlament im September 2022 Berichte zur Erneuerbaren- und Energieeffizienz-Richtlinie, welche einen nochmals beschleunigten Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und eine deutliche Anhebung des Energieeffizienz-Ambitionsniveaus fordern. Bereits im Juni 2022 wurde zur Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems ein Bericht des Europäischen Parlaments verabschiedet.

Am 30.09.2022 wurde der Verordnungsvorschlag der Kommission über Notfallmaßnahmen im Energieministerrat beschlossen. Das wesentliche Ziel ist es, durch Vorgaben zur Verringerung der Stromnachfrage sowie zur Abschöpfung und Umverteilung von Überschusserlösen dem Preisanstieg entgegenzuwirken und die Stromverbraucher:innen zu entlasten. Die Maßnahmen treten zum 01.12.2022 in Kraft und gelten zunächst bis zum 30.06.2023. Die detaillierte Umsetzung erfolgt durch die EU-Mitgliedsstaaten.

Darüber hinaus wurden im Berichtszeitraum auf EU-Ebene eine Reihe weiterer energiepolitischer Vorgaben verabschiedet, beispielsweise die Mitteilung („Toolbox“) zum Umgang mit den gestiegenen Energiepreisen und neue EU-Beihilfeleitlinien für Klima-, Umweltschutz und Energie (CEEAG).

In Österreich wurden im Berichtszeitraum zahlreiche Aktivitäten seitens der Bundesregierung und der Strom- und Gasversorgungsunternehmen gesetzt, um eine Abfederung von sozialen Härtefällen aufgrund der hohen Energiepreise herbeizuführen. Der Nationalrat hat begleitend im Februar 2022 im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG) für Haushalte und Kleinunternehmen einen Rechtsanspruch auf Ratenzahlungen im Zuge einer Nachzahlung bei der Stromjahresabrechnung normiert. Am 07.09.2022 präsentierte die Bundesregierung zur Entlastung der Haushaltskund:innen die Pläne für ein Stromkostenzuschussgesetz. Mit dieser „Strompreisbremse“ soll für den Zeitraum von 01.12.2022 bis zum 30.06.2024 eine finanzielle Entlastung für einen Grundverbrauch bis 2.900 kWh pro Zählpunkt erzielt werden.

Im Jänner 2022 wurde vom österreichischen Nationalrat die ökosoziale Steuerreform und damit eine nationale CO2-Bepreisung für Benzin, Diesel, Heizöl, Kohle und Erdgas beschlossen. Das diesbezügliche nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz sieht eine schrittweise CO2-Bepreisung von Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandels vor, wobei diese Besteuerungen durch einen Klimabonus und andere Entlastungsmaßnahmen kompensiert werden sollen. Das für Juli 2022 geplante Inkrafttreten wurde durch Beschluss des Nationalrates auf den 01.10.2022 verschoben.

Ebenfalls im Jänner 2022 wurde eine kleine Novelle zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) verabschiedet, um vorangegangene beihilferechtliche Bedenken der EU-Kommission auszuräumen. Im April 2022 wurde die erste EAG-Begleitverordnung für Investitionszuschüsse mit Details für die Förderung von kleinen Photovoltaik-, Wind- und Wasserkraftanlagen beschlossen.

Mit drei Novellen des Gaswirtschaftsgesetzes wurde unter anderem der Aufbau einer strategischen Gasreserve von 20 TWh bis zum November 2022 und ein Instrumentarium zur Beschaffung von Ausgleichsenergie, die eingespeichert werden muss (Market Maker), festgelegt. In der letzten Novelle erfolgte die Einführung eines „Use-it-or-lose-it“-Prinzips für systematische ungenützte Speicherkapazitäten und die Vorgabe der Anbindung aller Gasspeicher auf österreichischem Hoheitsgebiet an das österreichische Leitungsnetz.

Das Energielenkungsgesetz als Wirtschaftslenkungsgesetz, welches in einer Krisensituation zur Anwendung kommt, sieht in seiner Novelle vom Juni 2022 eine Abgeltung von Vermögensnachteilen bei Lenkungsmaßnahmen für Gas und Strom vor. Des Weiteren können Großabnehmer nun freiwillig Gasmengen einspeichern, welche im Lenkungsfall zu 50 % vor Enteignung geschützt sind.

Zur weiteren Sicherung der Gasversorgung in Österreich wurde im Juli 2022 eine Erdgas-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung zur Begutachtung vorgelegt. Damit sollen die Voraussetzungen für eine Erdgassubstitution durch Brennstoffe wie Kohle, Öl oder Biomasse für verpflichtete Großabnehmer, Fernwärmeunternehmen und Kraft-Wärme-Kopplungs-(KWK-)Anlagenbetreiber geschaffen werden. Eine Beschlussfassung steht noch aus.

Um die Mehrkosten für die Diversifizierung des Bezugs von Erdgas aus nichtrussischen Quellen sowie für die Umrüstung von Anlagen zur Erzeugung von Strom, Wärme und/oder Kälte auf einen alternativen Betrieb abzufedern, wurde Ende Juni 2022 das Gasdiversifizierungsgesetz beschlossen. Eine Novelle im Juli sieht auch die zusätzliche finanzielle Unterstützung für den Fuel-Switch von Gas auf andere fossile Energieträger vor.

Am 25.07.2022 wurde ein Begutachtungsentwurf für die Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) veröffentlicht. Ziel der Novelle ist eine Beschleunigung von Vorhaben, die im Rahmen der Energiewende notwendig sind. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Vermeidung von Doppelprüfungen und auf eine bessere Verfahrensstrukturierung inklusive Fristensetzung durch die Behörde gelegt. Ein wesentlicher Vorschlag ist weiters, zukünftig den Stand der Technik zum Zeitpunkt der Auflage eines Projekts anstatt zum Zeitpunkt der Entscheidung als maßgeblich anzusehen, was gerade bei Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien aufgrund des raschen technischen Fortschritts zu einer differenzierten Betrachtungsweise von Projekten führen würde.

1) 1) Quellen: IHS (Institut für Höhere Studien): Herbst-Prognose der österreichischen Wirtschaft 2022-2023, 07.10.2022. IWF (Internationaler Währungsfonds): World Economic Outlook Database: October 2022 (imf.org), 17.10.2022. WIFO (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung): WIFO-Wirtschaftsdaten – WIFO, 20.10.2022.

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