Interview mit dem Vorstand der Energie AG Oberösterreich

Vorstand

Dipl.-Ing. Stefan Stallinger MBA Mitglied des Vorstands

Generaldirektor DDr. Werner Steinecker MBA Vorsitzender des Vorstands

Dr. Andreas Kolar Mitglied des Vorstands

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Das abgelaufene Geschäftsjahr stand erneut im Zeichen der COVID-19-Pandemie. Haben sich die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Gesundheitskrise im Zeitverlauf verändert?

Werner Steinecker: Als Betreiber kritischer Infrastruktur und Unternehmen der Daseinsvorsorge kommt uns eine besondere gesellschaftliche Verantwortung zu. Vor diesem Hintergrund wurden – wie auch im vergangenen Geschäftsjahr – Schutzmaßnahmen getroffen, die über den gewöhnlichen Sorgfaltsmaßstab hinausgehen. Trotz aller Learnings im Zuge der Krisenbekämpfung ist die gegenwärtige Situation weiterhin eine sehr herausfordernde und erfordert viel Disziplin und Verantwortungsbewusstsein. Nur auf diese Art gelingt es uns, die übergeordneten Ziele der zuverlässigen und möglichst störungsfreien Versorgung mit Energie, Wasser sowie Daten- und Entsorgungsleistungen dauerhaft zu gewährleisten. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr Durchhaltevermögen sowie ihre persönlichen Beiträge zur Eindämmung der Pandemie bedanken.

Generaldirektor DDr. Werner Steinecker MBA (Vorsitzender des Vorstands) (Photo)
https://www.youtube.com/watch?v=VM_Ok0aLVss

„Als Betreiber kritischer Infrastruktur und Unternehmen der Daseinsvorsorge kommt uns eine besondere gesellschaftliche Verantwortung zu. Trotz aller Learnings im Zuge der Krisenbekämpfung ist die gegenwärtige Situation weiterhin eine sehr herausfordernde und erfordert viel Disziplin und Verantwortungsbewusstsein. Nur auf diese Art gelingt es uns, die übergeordneten Ziele der zuverlässigen und möglichst störungsfreien Versorgung mit Energie, Wasser sowie Daten- und Entsorgungsleistungen dauerhaft zu gewährleisten.“

Werner Steinecker

Das Geschäftsjahr 2020/2021 war trotz der andauernden COVID-19-Pandemie eines der erfolgreichsten in der Unternehmensgeschichte. Worauf ist das zurückzuführen?

Andreas Kolar: Tatsächlich liegt uns ein außergewöhnliches Konzernergebnis vor, welches im Budgetierungsprozess nicht absehbar war. Das finanziell sehr erfreuliche Geschäftsjahr 2020/2021 ist einerseits auf die vorteilhaften Strom-, Gas- und Wertstoffpreisentwicklungen zurückzuführen, die in den Segmenten Energie und Entsorgung zu deutlichen Ergebnisverbesserungen führten. Nicht außer Acht lassen möchte ich auch Einmaleffekte wie Zuschreibungen des Beteiligungsansatzes an der Wels Strom GmbH infolge eines umfangreichen Strategieprojekts sowie Wertaufholungen von Abfallverbrennungsanlagen. Zweifellos ist es auch das Resultat kontinuierlicher Kostenoptimierungsmaßnahmen in der jüngeren Vergangenheit und unserem integrierten und dadurch krisenresilienten Geschäftsmodell geschuldet. Witterungsbedingte Effekte wie der niedrigere Erzeugungskoeffizient unserer Wasserkraftwerke und höhere Absatzmengen aufgrund kühlerer Temperaturen im Winter und Frühjahr glichen sich weitestgehend aus.

Dr. Andreas Kolar (Mitglied des Vorstands) (Photo)
https://www.youtube.com/watch?v=adZqZ53HZok

„Das finanziell sehr erfreuliche Geschäftsjahr 2020/21 ist einerseits auf die vorteilhaften Strom-, Gas- und Wertstoffpreisentwicklungen zurückzuführen, die in den Segmenten Energie und Entsorgung zu deutlichen Ergebnisverbesserungen führten. Zweifellos ist es auch das Resultat kontinuierlicher Kostenoptimierungsmaßnahmen in der jüngeren Vergangenheit und unserem integrierten und dadurch krisenresilienten Geschäftsmodell geschuldet.“

Andreas Kolar

Im Juli 2021 wurden mit dem Nationalratsbeschluss zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket die Weichen für eine nachhaltige Energiezukunft gestellt. Welchen Beitrag leistet die Energie AG Oberösterreich dafür?

Stefan Stallinger: Mit der konzerninternen Erzeugungsstrategie haben wir einen konkreten Ausbaupfad festgeschrieben, der unsere Ambitionen in Sachen Energiewende untermauert. Bis 2030 ist geplant, 630 GWh an zusätzlichem Strom aus erneuerbaren Energien – einerseits durch neue, andererseits durch bestehende, effizientere Erzeugungsanlagen – bereitzustellen. Das hierfür aufzubringende Investitionsvolumen für Windkraftanlagen, Wasserkraftwerke und Photovoltaik-Anlagen beläuft sich auf über eine halbe Milliarde Euro und ist Basis dafür, dass wir 180.000 weitere Haushalte mit regionalem Ökostrom versorgen und zugleich rund 550.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen können. Parallel dazu forciert die Energie AG Oberösterreich in den kommenden Jahren die Wärmegewinnung aus Abfällen, Geothermie sowie industrieller Abwärme und trägt damit ebenfalls zu einer erneuerbaren Energiezukunft bei. Für die gesamtheitliche Transformation des Energiesystems sind neben diesen Maßnahmen der zeitnahe Ausbau der Netzinfrastruktur auf allen Spannungsebenen, die Schaffung von zusätzlichen Speicherkapazitäten sowie die Sektorkopplung und -integration des Gasnetzes notwendig.

Die Pandemie hat einen regelrechten Digitalisierungsboom – mit allen Vor- und Nachteilen – hervorgerufen. War die Energie AG Oberösterreich darauf vorbereitet?

Andreas Kolar: Als Energie AG Oberösterreich haben wir uns bereits vor etlichen Jahren einer Digitalisierungsstrategie verschrieben, welche seither die Grundlage für technologische und prozessuale Weiterentwicklungen in allen Unternehmensbereichen bildet. Als breit aufgestellter Dienstleistungskonzern gilt es einerseits im Bereich kritischer Infrastruktur höchstmögliche IT-Security-Standards anzuwenden und in vielen anderen Unternehmensbereichen durch flexible und vor allem effektive IT-Systeme optimal für das schnelllebige Marktumfeld gerüstet zu sein. Das ist uns bereits in der Vergangenheit durch einen hohen Automatisierungsgrad hervorragend gelungen und war auch ausschlaggebend dafür, dass unsere Systeme und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in jeder Zeit der COVID-19-Pandemie vollständig handlungsfähig waren.

Werner Steinecker: Der frühzeitige Fokus auf digitale Kundenlösungen spiegelt sich in unseren Fiber-to-the-Home (FTTH)-Aktivitäten wider. Mittlerweile zeigt sich, dass die Entscheidung, sich der zukunftsträchtigen Glasfasertechnologie zu widmen, eine sehr richtige war. Denn der steigende Bedarf an hoher Datenverfügbarkeit für Homeschooling, Homeoffice und für Streaming- und Gamingdienste hat – auch pandemiebedingt – zu deutlichen Zuwächsen an aktiven Nutzern geführt. Schon jetzt nimmt die Energie AG Oberösterreich als zweitgrößter Marktakteur in Österreich im FTTH-Bereich eine zentrale Rolle ein. Zukünftig soll die Marktstellung durch eine Bündelung der Kräfte mit jenen des Landes Oberösterreich im FTTH-Ausbau weiter forciert werden. Damit sollen optimale Bedingungen für den flächendeckenden Glasfaserausbau in Oberösterreich geschaffen werden.

Dipl.-Ing Stefan Stallinger MBA (Mitglied des Vorstands) (Photo)
https://www.youtube.com/watch?v=7YY7d9tlA80

„Mit der konzerninternen Erzeugungsstrategie haben wir einen konkreten Ausbaupfad festgeschrieben, der unsere Ambitionen in Sachen Energiewende untermauert. Bis 2030 ist geplant, 630 GWh an zusätzlichem Strom aus erneuerbaren Energien – einerseits durch neue, andererseits durch bestehende, effizientere Erzeugungsanlagen – bereitzustellen.“

Stefan Stallinger

Mit der E-Fairteiler-App wurde ein weiteres innovatives Instrument geschaffen, welches Kunden das Teilen von Sonnenstrom ermöglicht. Wie funktioniert diese Applikation?

Werner Steinecker: Unsere Innovationseinheit, die Wertstatt 8 GmbH, hat gemeinsam mit der Energie AG Oberösterreich Vertrieb GmbH in einem sehr kundenorientierten Innovationsprozess eine Plattform zum Teilen von Photovoltaik-Strom entwickelt. Sonnenstrom wird somit für jedermann auf eine persönliche, transparente, flexible und vor allem regionale Art zugänglich. Besitzern von Photovoltaik-Anlagen erlaubt die E-Fairteiler-App, den lokal erzeugten Photovoltaik-Strom an Kunden ohne Photovoltaik-Anlagen zu verkaufen, zu spenden oder zu tauschen. Jeder Strombezieher kann auf der anderen Seite regionalen, erneuerbaren Strom beziehen, seine lokalen Lieferanten nach seinen individuellen Bedürfnissen priorisieren und Preisvereinbarungen mit diesen treffen. In die Entwicklung der Applikation wurden unsere Kunden aktiv eingebunden und der Prototyp in einer Pilotregion erfolgreich erprobt. Das nun erhältliche Stromprodukt „Ökostrom E-Fairteiler“ kommt ohne zusätzliche Hardware aus, da die Daten der Smart Meter-Stromzähler verwendet werden.

Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wurde das Vorprojekt zur Errichtung des Pumpspeicherkraftwerks in Ebensee wiederaufgenommen. Welche Gründe waren ausschlaggebend dafür?

Stefan Stallinger: Grundsätzlich bietet der Standort Ebensee aufgrund seiner Topografie, dem damit verbundenen hohen Wirkungsgrad und der bestehenden Netzanbindung wesentliche Vorteile. Aufgrund der vorliegenden energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen war die ökonomische Darstellbarkeit bisher jedoch nicht gegeben. Mit der Umsetzung des europäischen „Green Deal“, dem geplanten Kohle- und Atomkraftausstieg Deutschlands sowie der ambitionierten österreichischen Klima- und Energiestrategie erhöht sich nunmehr auch der Bedarf an zusätzlichen leistungsstarken Flexibilitäts- und Speicherkapazitäten. Im aktuellen Vorprojekt wird eine Detailanalyse aller wirtschaftlichen und technischen Parameter erstellt, die in weiterer Folge als Entscheidungsgrundlage für einen etwaigen Baubeschluss dienen soll.

Im vergangenen Jahr wurde medial oftmals von Lieferverzögerungen und merklichen Preisanstiegen infolge von Rohstoffmängeln berichtet. Inwieweit waren die technischen Organisationseinheiten davon betroffen?

Stefan Stallinger: Die aktuelle Situation bringt sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich: Einerseits führt der überhitzte Markt zu höheren Wertstoffpreisen, von denen unser Segment Entsorgung beispielsweise klar profitierte und das beste Ergebnis in der Geschichte erzielen konnte. Auf der anderen Seite registrieren wir bei aktuellen Bauprojekten hohen operativen Druck – unter anderem durch die merklichen Preisanstiege bei diversen Baustoffen- und Materialen –, dem wir nur durch die hervorragende Leistung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standhalten. Insgesamt führt unser integriertes Geschäftsmodell und die Entwicklung hin zu einem breit diversifizierten Dienstleistungsunternehmen dazu, dass die finanziellen Marktrisiken im Konzern deutlich geringer sind als in vergleichbaren Unternehmen. Aufgrund des hohen Grads an regionaler Wertschöpfung bleibt die Energie AG Oberösterreich von Lieferschwierigkeiten im technischen Bereich unberührter als andere Industrieunternehmen.

Welche Herausforderungen ergeben sich im kommenden Geschäftsjahr 2021/2022?

Andreas Kolar: In den vergangenen Monaten hat sich, trotz anhaltender COVID-19-Pandemie, die finanzwirtschaftliche Stabilität des Konzerns gezeigt. Nichtsdestotrotz erwarten uns im kommenden Jahr diverse Unsicherheitsfaktoren, welche nicht unbeträchtliche Risikopotenziale mit sich bringen. Konkret, die Auswirkungen eines etwaigen, weiteren Anstiegs der Inflationsraten, die hohe Volatilität auf den Commoditypreismärkten sowie ein potenzieller Anstieg von Forderungsausfällen infolge eines Aussetzens staatlicher COVID-19-Unterstützungen. Darüber hinaus gilt es, den hohen Bedarf an personellen, materiellen und finanziellen Ressourcen aufbringen zu können, um den energiepolitischen Zielen sowie den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden – und gleichzeitig die Stabilität der Unternehmensentwicklung sowie die Bonität des Konzerns auch langfristig abzusichern. Wir sind zuversichtlich, die Herausforderungen auch künftig erfolgreich zu meistern.

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