Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen 1)
Das Geschäftsjahr 2020/2021 (01.10.2020 bis 30.09.2021) der Energie AG Oberösterreich (Energie AG) war zwar nach wie vor von der COVID-19-Pandemie geprägt, ging aber insbesondere ab dem zweiten Quartal des Kalenderjahres 2021 mit einer guten konjunkturellen Erholung einher.
Die Weltwirtschaft zeigte trotz weiterhin hoher COVID-Infektionszahlen in vielen Ländern eine positive Entwicklung, wenn auch auf regional sehr unterschiedlichem Niveau.
Nach dem markanten wirtschaftlichen Einbruch im Jahr 2020 erwarten das Institut für Höhere Studien (IHS), das Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und der Internationale Währungsfonds (IWF) für den Euroraum im Jahr 2021 ein Wirtschaftswachstum in der Bandbreite zwischen +4,3 % und +5,0 % und korrigierten damit ihre Vorhersagen nach oben. Für das Jahr 2022 werden Werte zwischen +4,3 % und +4,5 % prognostiziert.
Auch für die österreichische Wirtschaft war im Berichtszeitraum ein dynamisches Wachstum zu verzeichnen, sodass die heimischen Institute für 2021 von einem BIP-Wachstum zwischen +4,4 % und +4,5 % ausgehen. Der IWF zeigt sich mit +3,9 % Wachstum etwas weniger optimistisch. Für 2022 ist ein Wirtschaftswachstum in einer Bandbreite zwischen +4,5 % und +4,8 % zu erwarten. Begleitet wird diese Erholung von einer deutlich steigenden Inflationsrate im erwarteten Bereich von +2,6 % bis +2,8 % für das Jahr 2021.
Für den für die Energie AG relevanten Markt Tschechien wird für das Kalenderjahr 2021 ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in der Größenordnung von +3,3 % bis +3,8 % erwartet. Das Jahr 2022 sollte in Tschechien eine positive Wirtschaftsdynamik in der Bandbreite von +4,4 % bis +4,8 % mit sich bringen.
Der globale Konjunkturaufschwung geht zum Teil mit Lieferkettenproblemen und Preissteigerungen, insbesondere im Rohstoffbereich, einher. Die erhöhten Inflationsraten spiegeln diese Entwicklung wider und erlauben – ebenso wie die weiterhin anhaltende COVID-19-Pandemie – nur begrenzt belastbare Prognosen über die zukünftige Entwicklung der wirtschaftlichen Lage.
Energie- und klimapolitisches Umfeld
Am 11.12.2020 einigte sich der Europäische Rat auf die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Anhebung des Treibhausgasreduktionsziels der EU für 2030 von -55 % im Vergleich zu 1990. Das erhöhte Klimaziel, welches als Zwischenschritt zur Klimaneutralität in Bezug auf die Realisierung des Green Deal bis 2050 zu verstehen ist, wurde am 21.04.2021 in den Europäischen Klimavorgaben verankert. Damit konnte das Klimagesetz noch per Ende Juni 2021 vor den ersten konkreten Legislativvorschlägen im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets in Kraft treten.
Im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets hat die Europäische Kommission am 14.07.2021 insgesamt zwölf Legislativvorschläge vorgelegt, die den klima- und energiepolitischen EU-Rechtsrahmen bis 2030 grundlegend überarbeiten und an den neuen Klimazielen ausrichten sollen. Zentrale und für die Energiewirtschaft höchst relevante Vorhaben sind die Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems und die Lastenteilungs-Verordnung für die nicht vom Emissionshandel erfassten Sektoren. Zusätzlich ist geplant, ein zweites, separates Handelssystem für Gebäude und Verkehr einzuführen, welches ab 2025 in zwei Schritten gestartet werden soll. Weitere relevante Vorschläge betreffen Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien und zur Verbesserung der Energieeffizienz. In diesem Kontext ist mit einer signifikanten Erhöhung der jeweiligen Ziele und des Ambitionsniveaus in den überarbeiteten Richtlinien zu rechnen, welche schlussendlich den CO2-Preis erhöhen und die Investitionen in die Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien intensivieren werden. Das Paket wird daher nicht nur für die europäische, sondern auch für die nationale Energiepolitik die zentralen Weichen für die kommenden Jahre stellen. Mit einem Abschluss der Gesetzgebungsverfahren für die einzelnen Rechtsakte des Pakets ist frühestens ab der zweiten Jahreshälfte 2022 zu rechnen.
Die Europäische Kommission hat am 11.01.2021 eine öffentliche Konsultation zur Entwicklung rechtsverbindlicher EU-Ziele für die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und des Artenschutzes gestartet. Ein Verordnungsvorschlag zur Umsetzung der Biodiversitätsziele wird voraussichtlich im letzten Quartal 2021 durch die Europäische Kommission vorgelegt.
Am 21.04.2021 und 06.07.2021 veröffentlichte die Europäische Kommission delegierte Rechtsakte zur Taxonomie-Verordnung mit den technischen Bewertungskriterien für die Umweltziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ bzw. mit detaillierten Vorgaben zu den finanziellen Berichtspflichten für Unternehmen. Sie werden künftig ausschlaggebend dafür sein, welche Kriterien bestimmte Wirtschaftsaktivitäten erfüllen müssen, um als ökologisch nachhaltig zu gelten.
Gemäß einer politischen Einigung zwischen Rat der EU und Europäischem Parlament am 12.07.2021 sollen künftig durch eine Anpassung der Aarhus-Verordnung die Klagerechte der Zivilgesellschaft in Bezug auf das EU-Umweltrecht deutlich gestärkt und auf Einzelpersonen ausgeweitet werden.
Per 01.01.2021 trat in Deutschland das Brennstoffemissionshandelsgesetz in Kraft. Laut diesem Gesetz liegt der Preis für Lieferanten von Diesel, Benzin, Heizöl oder Erdgas bei EUR 25 pro Tonne CO2, die von diesen Energieträgern emittiert wird. Bis 2025 wird dieser Preis stufenweise auf EUR 55/t CO2 angehoben. Für das Jahr 2026 soll dann ein Preiskorridor von mindestens EUR 55/t CO2 und höchstens EUR 65/t CO2 gelten.
Wegen des dringenden Handlungsbedarfs zur Thematik „Strom-Netzreserve“ wurde in Österreich ein gesonderter, vorgezogener nationaler Gesetzesbeschluss zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket auf den Weg gebracht. Die entsprechenden Regelungen, welche die Planungssicherheit für Betreiber thermischer Kraftwerke verbessern und zur Gewährleistung des sicheren Netzbetriebs und einer ausreichenden Stromversorgung in Österreich beitragen, wurden am 07.01.2021 im Bundesgesetzblatt kundgemacht und am 28.06.2021 von der Europäischen Kommission formal nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.
Das österreichische Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket (EAG-Paket) ist in weiten Teilen seit 28.07.2021 in Kraft. Eine der wesentlichsten Bestimmungen, die Neuregelung der Ökostromförderung mit Marktprämien, bedarf jedoch noch der beihilfenrechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission, welche nach Abschluss des Berichtszeitraums erfolgen soll. Das EAG-Paket umfasst neben dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz als zentrale Elemente eine Überarbeitung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) 2010, des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) 2011, sowie des Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetzes und des Starkstromwegegesetzes. Schon aus dieser Aufzählung der berührten Materien wird ersichtlich, dass das EAG-Paket weitreichende Auswirkungen auf die Energiebranche in Österreich haben wird. Neben den Förderbestimmungen für Anlagen, die Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen, werden auch die strukturellen Änderungen des Energiemarkts durch die Teilnahmemöglichkeit für neue Akteure (Energiegemeinschaften) wesentliche Bedeutung haben. Mit dem EAG-Paket wurde ein erster Meilenstein bei der Umsetzung des „Clean-Energy-Pakets“ der EU erreicht. Viele weitere Punkte des „Clean-Energy-Pakets“ bedürfen jedoch noch der innerstaatlichen Umsetzung. Es laufen daher bereits Vorbereitungen zur Neuregelung des Bundes-Energieeffizienzgesetzes und hinsichtlich eines überarbeiteten Strommarktdesigns in einer grundlegenden Adaption des ElWOG.
1) 1) Quellen: IHS (Institut für Höhere Studien): Herbst-Prognose der österreichischen Wirtschaft 2021 – 2022, 08.10.2021. IWF (Internationaler Währungsfonds): World Economic Outlook Database: October 2021, 21.10.2021. WIFO (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung): Prognose für 2021 und 2022, 13.10.2021.