Mit dem Projekt LOOP wurde die strategische Neuausrichtung der Energie AG Oberösterreich definiert. Was waren die wichtigsten Erfolge und Meilensteine dieses Projektes und welche Maßnahmen müssen künftig gesetzt werden, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen?
Leonhard Schitter: Das interne Strategieprojekt LOOP stellt eine signifikante, strategische Neuausrichtung der Energie AG Oberösterreich dar, mit dem Hauptziel, den gesamten Energiezyklus des Unternehmens zu dekarbonisieren – von der Erzeugung über die Verteilung bis hin zur Verwertung. Dies ist unsere Antwort auf sich ändernde Kundenbedürfnisse und strengere gesetzliche Anforderungen. Im Jahr 2023 wurden wichtige strategische Weichenstellungen vorgenommen, um bis 2035 das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen – unter der Maßgabe der Gewährleistung der Versorgungssicherheit.
Ein zentraler Aspekt von LOOP ist der Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung, mit dem Fokus auf Photovoltaik, Windenergie und Wasserkraft. Bis 2035 plant die Energie AG, die erneuerbare Stromerzeugung um insgesamt rund 1.200 GWh/a zu erhöhen, um so die Treibhausgasemissionen signifikant zu reduzieren. Hierbei spielt die Errichtung des Pumpspeicherkraftwerks Ebensee eine wichtige Rolle und trägt zur Versorgungs- und Netzsicherheit bei. Die Nutzung von Biomasse, Geothermie sowie industrieller Abwärme für eine nachhaltige Wärmeversorgung unterstreicht ebenfalls die Dekarbonisierungsstrategie. Und die Entwicklung von Wasserstoff wird uns darüber hinaus auf unserem neu eingeschlagenen Weg dabei unterstützen.
Für das kommende Geschäftsjahr sind konkrete Maßnahmen geplant, die die strategische Ambition der Klimaneutralität unterstreichen und die technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Förderung von Innovationen, um die Innovationskraft des Unternehmens weiterzuentwickeln und zu stärken. Im Zentrum stehen dabei Handlungsfelder wie Customer Experience, E-Mobilität und innovative Speichertechnologien.
„Das interne Strategieprojekt LOOP stellt eine signifikante, strategische Neuausrichtung der Energie AG dar. Ziel ist es, den gesamten Energiezyklus des Unternehmens zu dekarbonisieren – von der Erzeugung über die Verteilung bis hin zur Verwertung. Ein zentraler Aspekt ist der Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung, mit dem Fokus auf Photovoltaik, Windenergie und Wasserkraft, aber auch die Nutzung von Biomasse, Geothermie sowie industrieller Abwärme für eine nachhaltige Wärmeversorgung. Ein besonderer Fokus liegt auf der Förderung von Innovationen, um die Innovationskraft der Energie AG weiterzuentwickeln und zu stärken.“
In Anbetracht der finanziellen Herausforderungen, wie positioniert sich die Energie AG, um finanzielle Stabilität zu gewährleisten und gleichzeitig in die Energiewende zu investieren?
Andreas Kolar: Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Politik, die Wirtschaft und die Gesellschaft im Allgemeinen prägen und bestimmen. Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf alle Unternehmen, und natürlich auch – in ganz besonderem Maße – auf die Energie AG.
Wir stehen am Anfang einer beispiellosen Transformation des Energiesystems von historischem Ausmaß. Die Umstellung erfordert dabei massive Investitionen in den nächsten Jahrzehnten. Auch in der Energie AG stehen große Investitionsprogramme an, damit wir unsere Verantwortung entsprechend wahrnehmen und einen Beitrag zu dieser Transformation leisten können. Kernbereiche in diesem Investitionsplan sind Projekte zur Verstärkung der erneuerbaren Energieerzeugung, zur Errichtung von Speicherkapazitäten und – Hand in Hand – dem notwendigen Ausbau der Stromnetze.
Basis für diese expansive Investitionstätigkeit ist ein solides und stabiles finanzwirtschaftliches Fundament, das wir uns in den letzten Jahren aufgebaut haben. Dazu gehört ein profitables Grundgeschäftsmodell, das in der Lage ist, freie Finanzmittel zur Finanzierung von Investitionen zu generieren. Aber auch eine entsprechende Schuldentragfähigkeit zur Aufnahme von Fremdmitteln ist erforderlich. Die Energie AG verfügt über eine sehr gute Kreditwürdigkeit und ein ausgezeichnetes Standing auf den europäischen Finanzmärkten. Wir sind ein verlässlicher und glaubwürdiger Partner für Investoren und Kreditgeber und so in der Lage, zusätzlich notwendige Finanzmittel zur Finanzierung von nachhaltigen Projekten im Sinne der Transformation des Energiesystems zu attraktiven Konditionen aufnehmen zu können.
Aber nicht nur die finanzwirtschaftliche Stabilität ist ein Erfolgsfaktor zur Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft – immer stärker rückt der Nachhaltigkeitsgrad von Projekten und Unternehmen in den Fokus auch von Kapitalgebern. Nachhaltigkeit bezieht sich dabei auf die Frage, ob eine ökonomische Aktivität einen substanziellen positiven Betrag zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen leistet. Es ist evident, dass die Investitionsprogramme der Energie AG hier geradezu prädestiniert sind, in diesem Zusammenhang Anerkennung und letztlich auch finanzielle Unterstützung zu erhalten.
„Wir stehen am Anfang einer beispiellosen Transformation des Energiesystems von historischem Ausmaß. Die Umstellung erfordert dabei massive Investitionen in den nächsten Jahrzehnten. Auch in der Energie AG stehen große Ausbauprogramme an, damit wir unsere Verantwortung entsprechend wahrnehmen und einen Beitrag zu dieser Transformation leisten können. Kernbereiche in diesem Investitionsplan sind Projekte zur Verstärkung der erneuerbaren Energieerzeugung, zur Errichtung von Speicherkapazitäten und – Hand in Hand – dem notwendigen Ausbau der Stromnetze.“
Welche technologischen Entwicklungen sehen Sie als entscheidend für den weiteren Erfolg der Energiewende und wie gewährleisten Sie deren Integration in die bestehenden Systeme?
Stefan Stallinger: In einem Energiesystem, das zunehmend auf stark fluktuierender dezentraler Erzeugung basiert, müssen wir in vielen Bereichen neue Wege einschlagen. Um untertägige Schwankungen auszugleichen und auch saisonale Abweichungen von erneuerbarer Erzeugung zum Verbrauch zu kompensieren, setzen wir auf verschiedene Speichertechnologien. Grüner Wasserstoff als ein klimaneutraler speicherbarer Energieträger spielt bei der saisonalen Verlagerung von Ökostrom eine zentrale Rolle. Durch Beteiligungen an Forschungsprojekten prüfen wir beispielsweise die großvolumige Speicherung von Wasserstoff in ausgeförderten Erdgaslagerstätten.
Die ganzheitliche und integrierte Betrachtung verschiedener Sektoren ermöglicht es uns, vorhandene Energie noch effizienter zu nutzen, die Abhängigkeit von globalen Energieimporten zu minimieren und die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren. Im Wärmebereich arbeiten wir kontinuierlich an der Verdichtung und Optimierung unserer nachhaltigen Fernwärmenetze. In Projekten zur Verbindung von industrieller Abwärme, anderen nachhaltigen Quellen, Abnehmern und Speichern gewinnen wir neue Erkenntnisse und können innovative Prozesse ableiten. Sektorkopplung ist nicht nur durch die Nutzung industrieller Abwärme, sondern künftig auch durch die Erzeugung von grünem Wasserstoff aus erneuerbar erzeugtem Strom möglich.
Digitale Technologien sind in allen Konzernbereichen ein wichtiges Element, um nicht nur unsere Kund:innen mit zukunftsweisenden Angeboten zu versorgen, sondern auch, um die Energiewende in unsere Prozesse zu integrieren. Angefangen von der PV-Anschlussbeurteilung über Services zur Kundeninteraktion bis zur flächendeckenden Datenanalyse bauen wir ein breites Portfolio an digitalen Dienstleistungen auf. Im Bereich der Data-Analytics werden innovative Technologien wie künstliche Intelligenz immer wichtiger – nicht zuletzt, um auch die Stromversorgungsqualität sicherzustellen. Unsere Tätigkeiten richten sich danach aus, Ressourcen schonend einzusetzen und umweltfreundliche Technologien zu fördern.
„In einem Energiesystem, das zunehmend auf stark fluktuierender dezentraler Erzeugung basiert, müssen wir als Energie AG in vielen Bereichen neue Wege einschlagen. Um untertägige Schwankungen auszugleichen und auch saisonale Abweichungen von erneuerbarer Erzeugung zum Verbrauch zu kompensieren, setzen wir auf verschiedene Speichertechnologien wie Pumpspeicherkraftwerke oder grünen Wasserstoff. Digitale Technologien helfen uns dabei, die Energiewende in unsere Prozesse zu integrieren – angefangen von der PV-Anschlussbeurteilung über Services zur Kundeninteraktion bis hin zur flächendeckenden Datenanalyse.“
Welche strategischen Maßnahmen ergreift die Energie AG, um auf die anhaltend volatilen Energiemärkte und die geopolitischen Unsicherheiten zu reagieren?
Andreas Kolar: Die Energie AG als Unternehmen mit kritischer Infrastruktur hat seit jeher auf ein funktionierendes und jederzeit abrufbares Krisenmanagement gesetzt. Um negativen Auswirkungen der herausfordernden Rahmenbedingungen, die sich seit der Pandemie immer mehr verschärft haben, entgegenzuwirken, wurden zahlreiche zusätzliche Maßnahmen in den unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens entwickelt.
Wir haben unsere Risikomanagement-Systeme weiter verstärkt und die Risikostrategie geschärft. Um in volatilen Zeiten Risiken und Chancen noch besser managen zu können, wurde ein fortwährendes Risikokomitee mit der Aufgabe institutionalisiert, die Risikopositionen noch gesamtheitlicher zu betrachten und daraus wesentliche Entscheidungstatbestände für den Vorstand aufzubereiten. Des Weiteren wurde mit Beginn des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine unter Einbindung aller relevanten Konzerneinheiten ein entsprechender Krisenstab eingerichtet, um notwendige Entscheidungen anhand von regelmäßigen Lageberichten bestmöglich zu unterstützen.
Wesentlich für die Begrenzung der Risikosituation war auch die Verstärkung des Risikomonitorings für Liquiditäts- und Kontrahentenrisiken. Die daraus abgeleiteten Vorgaben halfen bei Entscheidungen, ob die Börse oder bilaterale Partner handelsseitig zu bevorzugen sind.
Ein frühzeitiges Befüllen der Konzerngasspeicher war ein weiterer wichtiger Schritt, um die Versorgungssicherheit im Winter für unsere Kund:innen zu gewährleisten. Die Energie AG hat keine direkten Verträge mit russischen Partnern abgeschlossen. Sie bezieht ihr Gas an der Börse oder von bilateralen Partnern in der Schweiz und in Frankreich.
Vertriebsseitig hilft dem Unternehmen eine langfristige Beschaffungsstrategie, um den Kund:innen faire Durchschnittspreise anbieten zu können. Laufendes Monitoring der Entwicklung der Kontrahentenrisken sowie der Abschluss einer Kreditversicherung zur Vermeidung größerer Einzelrisken sind wesentlicher Bestandteil des vertriebsseitigen Risikomanagements. Nicht zuletzt werden selbstverständlich die rechtlich relevanten geopolitischen Sachverhalte hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Unternehmen laufend evaluiert. Alle diese Maßnahmen haben bisher der Energie AG geholfen, ihre finanzielle Stabilität zu wahren und wir sind überzeugt, mit diesem Weg auch weiterhin die unruhigen Zeiten gut zu überstehen.
Die Netzinfrastruktur steht vor großen Herausforderungen. Wie plant die Energie AG, diese zu bewältigen, und welche Rolle spielt dabei der Ausbau erneuerbarer Energiequellen?
Stefan Stallinger: Leistungsfähige Energienetze sind ein zentraler Baustein für die Energiezukunft. Für eine sichere Versorgung mit elektrischer Energie, aber auch mit erneuerbaren Gasen wie Biogas oder Wasserstoff ist ein massiver Netzausbau erforderlich.
Beim Ausbau und der Stärkung der Stromnetze stehen wir komplexen Aufgaben gegenüber, vor allem aufgrund unseres Bestrebens, zügig voranzukommen und dadurch allen die Möglichkeit zu geben, dezentral erzeugten Ökostrom einzuspeisen. Mittlerweile sind PV-Anlagen mit mehr als einem Gigawatt Gesamtleistung an das Stromnetz der Netz Oberösterreich angeschlossen. Damit die Strommengen über alle Netzebenen weiterhin dorthin transportiert werden können, wo sie gebraucht werden, muss das Stromnetz entsprechend ausgebaut werden. Materialengpässe, hervorgerufen durch längere Lieferzeiten, sind für die Umsetzung immer noch eine Herausforderung. Eine ermutigende Entwicklung ist, dass leistungsstarke Stromnetze in der Bevölkerung zunehmend als zentrales Element der Energiewende sowie als Grundpfeiler für die Versorgungssicherheit angesehen werden.
Die Grundlage für Investitionen in die Netzinfrastruktur ist die Schaffung von regulatorischen Anreizen, um den Ausbau nicht durch finanzielle Hemmnisse wie eine geringe Verzinsung zu erschweren. Außerdem geht viel Zeit für die Transformation des Energiesystems infolge der mitunter sehr lange andauernden Projektgenehmigungsverfahren verloren.
Der Ausbau der erneuerbaren Erzeugung, der Infrastrukturen und unsere Bestrebungen zur Erreichung der Klimaziele sichern langfristig Arbeitsplätze und erhalten die Lebensqualität für die Zukunft. Unsere Mitarbeiter:innen leisten einen wertvollen Beitrag für die Transformation des Energiesystems.
Die Energie AG hat im Hinblick auf Diversität und Inklusion bedeutende Schritte gemacht. Wie planen Sie, diese Initiativen weiterzuentwickeln, um eine noch inklusivere Unternehmenskultur zu fördern?
Leonhard Schitter: Im vergangenen Geschäftsjahr hat die Energie AG Oberösterreich bedeutende Schritte unternommen, um Innovation zu fördern und eine offenere sowie vielfältigere Unternehmenskultur zu schaffen. Ein zentrales Element war die Gründung des “DiversiTeams”, einer Projektgruppe, die sich mit Themen wie inklusiver Führung, Kulturwandel, Barrierefreiheit, Regionalität, Frauenförderung und Kommunikation beschäftigt. Veranstaltungen wie das Diversity-Café wurden ins Leben gerufen, um Diversitätsthemen breit mit den Mitarbeiter:innen zu diskutieren und konkrete Maßnahmen für die Energie AG abzuleiten.
Zur Sensibilisierung aller Mitarbeiter:innen wurde das eLearning-Format “Diversity-Basics” eingeführt, welches von mehr als 1.000 Mitarbeitenden erfolgreich abgeschlossen wurde. Zusätzlich wurde die Anzahl der Stipendien für Frauen in technischen Berufen verdoppelt, um die Geschlechtergerechtigkeit zu fördern.
Parallel dazu legt die Energie AG großen Wert auf eine respektvolle und wertschätzende Unternehmenskultur, die Innovation und neue Ideen fördert. Alle Mitarbeiter:innen sollen ihr volles Potenzial entfalten und unterschiedliche Perspektiven einbringen. Die Förderung von Geschlechter- und Chancengleichheit ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil, um zu gewährleisten, dass sich jede:r respektiert und eingebunden fühlt. Durch eine zielgerichtete Lehrlingsausbildung werden nicht nur die erforderlichen Spezialist:innen für die Konzernbereiche gewonnen, sondern auch gesellschaftspolitisch wichtige Signale für Diversität gesetzt.