Rahmen­bedingungen

Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen 1)

Das Geschäftsjahr 2022/2023 (01.10.2022 bis 30.09.2023) der Energie AG Oberösterreich (Energie AG) war volkswirtschaftlich von einer anhaltend schwachen Konjunkturentwicklung, persistent hohen Inflationsraten und dem Kampf der internationalen Notenbanken, durch Zinserhöhungen dem Preisauftrieb Einhalt zu gebieten, geprägt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Berichtszeitraum die Leitzinsen in acht Schritten sukzessive auf zuletzt 4,5 % erhöht, eine historisch gesehen einmalige Vorgangsweise. Aufgrund der Unsicherheit der Konjunkturprognosen bleibt das Spannungsfeld zwischen Inflationsbekämpfung und Wirtschaftsbelebung in den kommenden Monaten unverändert hoch.

Wirtschaftswachstum und Inflation

Veränderung zum Vorjahr; real in %
Quellen: IHS, WIFO, IWF

Wirtschaftswachstum und Inflation (Liniendiagramm)

Das Institut für Höhere Studien (IHS), das Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und der Internationale Währungsfonds (IWF) erwarten für den Euroraum im Jahr 2023 ein Wirtschaftswachstum zwischen +0,4 % und +1,1 % (2022: +3,4 %).

Für das Jahr 2023 prognostizieren die heimischen Institute WIFO und IHS eine leichte Rezession der österreichischen Wirtschaft in der Größenordnung von -0,4 % bis -0,8 %. Die Prognose des IWF hingegen fällt mit einem geringen Wachstum in Höhe von +0,1 % positiver aus. Im Vorjahr betrug das Wirtschaftswachstum in Österreich +4,8 %. Starke Zinssteigerungen, hohe Energiepreise und eine gedämpfte Kaufkraft sind als Ursachen für den zu erwartenden Wirtschaftsabschwung im Jahr 2023 zu bezeichnen.

Für den für die Energie AG relevanten Markt Tschechien wird für das Kalenderjahr 2023 ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in der Größenordnung von +0,2 % erwartet (2022: +2,4 %). Das Jahr 2024 soll in Tschechien gemäß Prognosen eine positive Entwicklung des Bruttoinlandproduktes von durchschnittlich +2,4 % mit sich bringen.

Energie- und klimapolitisches Umfeld

Die EU-Energiepolitik war im ersten Halbjahr der Berichtsperiode maßgeblich davon geprägt, durch sogenannte „Notfall-Verordnungen“ unmittelbare Maßnahmen zur Abfederung der hohen Energiepreise, Aktivitäten zur Reduzierung der Energieimportabhängigkeit von Russland und Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungsicherheit zu implementieren. Beispielsweise wurden die Verordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, die Verordnung zur Stärkung der Solidarität oder die Verordnung über die Einführung eines Marktkorrekturmechanismus zum Schutz vor überhöhten Gaspreisen veröffentlicht.

Ebenso wurde am 29.12.2022 die EU-Beschleunigungs-Verordnung vom Rat veröffentlicht, mit welcher Projekte der Energiewende durch vereinfachte Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Diese Verordnung ist unmittelbar von allen Behörden und Gerichten für Verfahren, die nach Inkrafttreten eingeleitet wurden, anwendbar und auf 18 Monate befristet.

Im zweiten Halbjahr standen inhaltlich die Reform des EU-Strommarktdesigns, Trilogverhandlungen zum Gaspaket sowie zahlreiche Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel im Vordergrund.

Bei einer zentralen Klimaschutzmaßnahme, der Überarbeitung der Lastenteilungs-Verordnung, konnte im März 2023 eine politische Einigung erzielt werden. Die Verordnung legt für alle Mitgliedstaaten verbindliche Reduktionsziele in den Sektoren fest, die nicht unter den EU-Emissionshandel fallen. Es erfolgt damit eine wesentliche Erhöhung des EU-Einsparziels von 29 % auf 40 % bis 2030 gegenüber 2005. Für Österreich ist damit bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgas-(THG-)Emissionen von 48 % verbunden.

Am 18.04.2023 verabschiedete das Europäische Parlament formell das überarbeitete EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS 1) im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets. Zentrale Elemente sind eine deutliche Anhebung des THG-Minderungsziels von -43 % auf -62 % bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2005. Dabei sollen schrittweise mit dem Schiffsverkehr und der thermischen Abfallverbrennung (ab 2028 nach vorherigem Monitoring und einer Folgenabschätzung) weitere Sektoren einbezogen werden. Zusätzlich soll mit dem EU-EHS 2 ab 2027 ein separates Emissionshandelssystem für die Bereiche Gebäude, Straßenverkehr und Prozessemissionen der nicht vom EU-EHS 1 erfassten Emissionen eingeführt werden. Regulatorische Instrumente sollen dabei den CO2-Preis mit EUR 45,0 pro Tonne begrenzen.

Die vorgesehene Änderung der Energieeffizienz-Richtlinie zur schnellen Verringerung der Abhängigkeit von russischen Gasimporten wurde am 20.09.2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten müssen somit gemeinsam dafür sorgen, dass der Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2030 um mindestens 11,7 % sinkt, verglichen mit den Energieverbrauchsprognosen für 2030 aus dem Jahr 2020.

Nach der Sommerpause wurden Ende September 2023 die Trilogverhandlungen zum EU-Gaspaket wiederaufgenommen und intensiviert, wobei die Entflechtungsregeln für Wasserstoffnetzbetreiber im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen.

Am 14.03.2023 hat die Kommission Vorschläge zur Reform des EU-Strommarktes vorgelegt, um den Ausbau erneuerbarer Energien ebenso wie den Ausstieg aus Gas zu beschleunigen und die Verbraucher vor Preisschwankungen fossiler Brennstoffe und künftigen Preisspitzen zu schützen. Auf Ebene des Parlaments wurde am 14.09.2023 das Verhandlungsmandat für die Trilogverhandlungen beschlossen.

Sowohl die unzähligen Notfall-Verordnungen als auch die Verwerfungen auf den Energiemärkten führten auch in Österreich zu zahlreichen politischen und legislativen Maßnahmen. Am 01.10.2022 trat die nationale CO2-Bepreisung für fossile Energie als zentrales Instrument der ökosozialen Steuerreform in Kraft. Damit bekommt der Ausstoß von CO2 in Österreich erstmals auch außerhalb des Emissionshandels einen Preis, der sich im Zeitraum 2022 bis 2025 von EUR 30,0 bis EUR 55,0 je Tonne bewegt. Aufgrund der gestiegenen Energiepreise wurde gemäß dem im Gesetz vorgesehenen Preisstabilitätsmechanismus der Ausgabewert für die nationalen Zertifikate von EUR 35,0 auf EUR 32,5 für das Jahr 2023 reduziert.

Zwei kleine Novellen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes im Oktober und Dezember 2022 regelten im Wesentlichen eine Verlängerung der Inbetriebnahmefristen für erneuerbare Stromerzeugungsanlagen bzw. Verbesserungen im Antragssystem und ein Aussetzen der Erneuerbaren-Förderpauschale für 2023. Die Begleitverordnung zur Vergabe von Marktprämien zur Förderung von größeren Photovoltaik-(PV-), Wind- und Wasserkraftanlagen für die Jahre 2022 und 2023 wurde am 04.10.2022 erlassen. Die Veröffentlichung der Verordnung über Investitionszuschüsse für 2023 für kleine erneuerbare Stromerzeugungsanlagen erfolgte am 15.03.2023.

Im Juli 2023 beschloss der Nationalrat eine Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes (ElWOG) im Rahmen des „Anti-Teuerungspakets“. Damit wurden weitere Informationsverpflichtungen der Lieferanten und Transparenzanforderungen zur Verbesserung der Preistransparenz und Erhöhung des Wettbewerbs festgelegt.

Auf Basis der EU-Notfall-Verordnung über Erlösabschöpfungen wurde das Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom am 29.12.2022 kundgemacht. Damit wird der Erlös von inframarginalen Stromerzeugungsanlagen mit einer Kapazität von mehr als 1 MW mit 140 EUR/MWh gedeckelt. Der maximale Erlös steigt auf 176 EUR/MWh, wenn in den Jahren 2022 und 2023 begünstigte Investitionen in erneuerbare Energien geltend gemacht werden können. Der Abschöpfungsbetrag beträgt 90 % der Überschusserlöse und gilt von 01.12.2022 bis Ende 2023. Mit einer kleinen Novelle im Juni 2023 wurde die Obergrenze für Markterlöse von EUR 140,0 auf EUR 120,0/MWh reduziert, um auf die gesunkenen Großhandelspreise zu reagieren.

Zur Entlastung der Haushalte von gestiegenen Energiepreisen wurde das Stromkostenzuschussgesetz beschlossen. Diesen Zuschuss erhalten private Haushalte für einen Stromverbrauch von bis zu 2.900 kWh pro Jahr, geltend im Zeitraum von 01.12.2022 bis 30.06.2024. Mit einer kundgemachten Novelle im Februar 2023 wurde die Stromkostenbremse für Haushalte mit mehr als drei Personen erweitert bzw. mit 01.06.2023 der Begünstigtenkreis auf Personen mit einem als land- und forstwirtschaftlich oder gewerblich eingestuften Stromlieferungsvertrag ausgeweitet.

Mit der im März 2023 kundgemachten Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G-2000) sind bedeutende Erleichterungen für Vorhaben der Energiewende geschaffen worden. Diese Novelle soll schnellere und effizientere Genehmigungsverfahren ermöglichen und wird von der Branche insgesamt begrüßt.

Die am 22.03.2023 kundgemachte Gaswirtschaftsgesetz-(GWG-)Novelle sieht als zentrale Regelung eine Ausweitung des geschützten Kundenkreises auf Fernwärmeanlagen, welche Wärme an Haushalte, soziale Dienste oder kleine und mittlere Unternehmen (KMU) liefern, vor und legt die Speicheranbindung Haidach an die Netzebene 1 fest.

Mitte Juni 2023 ist das Bundes-Energieeffizienzgesetz in Kraft getreten, womit durch eine einfach gesetzliche Novellierung des Bundes-Energieeffizienzgesetzes 2014 die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/2002 (EED II) erfolgt. Als Schwerpunkte sind die Fortführung von Endenergieaudits bzw. Energiemanagementsystemen für große Unternehmen sowie die Selbstverpflichtung des Bundes zu Energieeffizienzmaßnahmen, die einer jährlichen Renovierungsquote von 3 % entsprechen, vorgesehen. Demnach sollen bis 2030 kumulierte Endeinsparungen in Höhe von 650 Petajoule (PJ) mittels strategischer Maßnahmen des Bundes und der Länder erzielt werden, um so den Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 920 PJ zu senken, wobei es sich dabei um einen indikativen Zielwert handelt.

Zur vollständigen Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie sind die Regierungsparteien bestrebt, eine tiefgreifende Novellierung des ElWOG durchzuführen. Trotz mehrmaliger Ankündigung durch das Ministerium wurde bisher kein Begutachtungsverfahren des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) gestartet, weshalb die Beschlussfassung in dieser Regierungsperiode fraglich ist.

1) 1) Quellen: IHS (Institut für Höhere Studien): Herbst-Prognose der österreichischen Wirtschaft 2022 – 2023, 17.10.2023. IWF (Internationaler Währungsfonds): World Economic Outlook Database (imf.org), 19.10.2023.